Bildungssprachliche Kompetenzen im Fach Deutsch fördern
Prof. Dr. Helmuth Feilke
Professor für Germanistische Linguistik und Didaktik der deutschen Sprache an der Justus-Liebig-Universität Gießen
Was muss man sprachlich können, wenn man jemandem, der sich nicht in der gleichen Situation befindet, einen Sachverhalt beschreibt, ihn vergleicht oder ihn erklärt? Bildungssprache ist keine Sprache im engeren Sinn wie etwa Einzelsprachen oder ein Dialekt. Es geht auch nicht um Vokabeln oder grammatisches Wissen. Eher geht es um ein textbezogenes Können. Einfach formuliert, fasst der Begriff Bildungssprache sprachliche Gebrauchsformen und Praktiken, die sich vor allem im lesenden und schreibenden Umgang mit Texten und für das Lernen aus Texten herausgebildet haben. Bildungssprache ist das Werkzeug dieser Praktiken. Die Schule fordert die Beherrschung in allen Fächern, zum Beispiel:
- Begriffe näher bestimmen (etwa im Sinn einer Definition)
- Inhalte aus Texten und Materialien wiedergeben und zusammenfassen,
- Zusammenhänge verallgemeinernd darstellen und erklären,
- Streitfragen darstellen und erörtern.
Beschreiben, Darstellen, Wiedergeben, Vergleichen, Erklären, Erörtern, Interpretieren etc. Solche sprachlichen Handlungen spielen in der Schriftsprache und für fachliche Lernzusammenhänge auch mündlich eine wichtige Rolle. Man muss dafür bestimmte Sprachmittel (textliche Routinen, Wortschatz, grammatische Formulierungsmuster) kennen und beherrschen. Die jüngere Forschung zeigt, dass erfolgreiche Schüler verglichen mit weniger erfolgreichen über die entsprechenden sprachlichen Kompetenzen verfügen; bildungssprachliche Kompetenzen sind eine wichtige Größe für den Schulerfolg, gerade auch im Fach Deutsch. So verlangt etwa ein neuer Aufgabentyp wie das materialgestützte Schreiben für das Lesen wie für das Schreiben vielfältige bildungssprachliche Kompetenzen.
Wie hängen Sprache und Lernen zusammen? Wie kann der Begriff der Bildungssprache bestimmt werden? Wie stehen Alltags- und Bildungssprache zueinander? Wie sieht es mit bildungssprachlichen Anforderungen in Lehrmaterialien, z.B. Schulbüchern aus? Welche Schwierigkeiten haben Schüler im Umgang mit bildungssprachlichen Anforderungen? Welche Optionen zur Diagnose, welche Möglichkeiten zur Förderung im Unterricht gibt es? Der einleitende Vortrag mit Diskussion versucht Antworten auf diese Fragen zu geben.
Im Anschluss an Vortrag und Diskussion gibt es Gelegenheit, in Workshops mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten Unterrichtsbeispiele, Materialien und Aufgabenformen kennenzulernen und zu entwickeln, die auf eine Förderung bildungssprachlicher Kompetenzen zielen. Wie kann bei den Schülern Interesse für diese Fragen geweckt und Aufmerksamkeit für bildungssprachliche Handlungen und sprachliche Mittel hergestellt werden? Wie sehen dafür geeignete Arbeitsformen aus? Welche Möglichkeiten zur Differenzierung gibt es? Die Ergebnisse sollen in einem Abschlussplenum vorgestellt und besprochen werden.